Die HEDD Air Motion
Transformer von Klaus Heinz

Unter den vielen Ideen zum Bau eines Lautsprecherwandlers ist Oskar Heils (1908–1994) Air Motion Transformer in seiner Art, Luft in Bewegung zu versetzen, einzigartig. Im Laufe der Lautsprechergeschichte wurden viele verschiedene Wandlerkonstruktionen eingeführt. Sie alle verfügen über kolbenartige Membranen, die die Luft im Verhältnis 1:1 bewegen, sodass die Membrangeschwindigkeit der Luftgeschwindigkeit entspricht. Ob elektrostatische und magnetostatische Lautsprecher, Bändchenlautsprecher, Schwingspulen-Kalotte und Konuslautsprecher oder sogar ein Blatthaller-Design – sie alle folgen diesem besonderen Konstruktionsansatz.
Erst Anfang der 1960er Jahre hatte der deutsch-amerikanische Physiker Oskar Heil eine neue Idee und schlug eine gefaltete elastische Membran vor, bei der sich einzelne Falten abwechselnd öffnen und schließen und so Luft ein- und ausatmen. Der besondere Reiz dabei: Die durch die Falten getriebene Luft wird dabei viermal schneller beschleunigt als die Membran selbst. Anfang der 1990er Jahre war Klaus Heinz von Heils Idee so fasziniert, dass er sie nutzte, um einen kompakten, zuverlässigen Hochtöner mit hervorragendem Klang zu bauen.
Heinz gründete später ADAM Audio in Berlin, ein Unternehmen, das Lautsprecher basierend auf Heils Erfindung herstellt. Der von Heinz während seiner Zeit bei ADAM entwickelte X-ART-Hochtöner fand große Anerkennung und revolutionierte nach und nach die Lautsprecherlandschaft, da ähnliche Designs sowohl im HiFi- als auch im Studiomonitormarkt auftauchten. Im Jahr 2020 hat HEDD einen weiteren Evolutionsschritt in der Entwicklung des AMT vorgestellt: Der HEDDphone® ist nicht nur der erste AMT-Breitbandkopfhörer, sondern verfügt auch über die VVT®-Technologie. Das bedeutet, dass der HEDDphone® auf einer neuen Membrangeometrie basiert, die das AMT-Prinzip zu einem linearen Breitband-Kopfhörerwandler (10 Hz–40 kHz) erweitert. Er ersetzt die feste geometrische Struktur herkömmlicher AMT-Treiber, da die Falten sowohl in der Breite als auch in der Tiefe variieren.
Aufbau und Prinzip

Der Air Motion Transformer ist ein elektromagnetischer Treiber, der auf der Lorentzkraft basiert, die die Luft in den einzelnen Falten bewegt. Die Membran selbst ist mit einer aufgedruckten Aluminiumschaltung (violette Pfeile) versehen und von einem starken Magnetfeld umgeben. Die Grafiken in und um die kleinen Kreise zeigen die Bewegung der einzelnen Folien, die eine sinusförmige Wellenform erzeugen: vom Ausgangspunkt (schwarzer Kreis) über die positiven (grünen Kreis) und negativen (roten Kreis) Halbwellen. Der resultierende Luftstrom (blaue Pfeile) ist viermal (!) schneller als die Bewegungsgeschwindigkeit der einzelnen Falten, was ein großer Vorteil bei der Wiedergabe von Musiksignalen mit schnellen Transienten (Becken, Gitarrensaiten etc.) ist.

Klaus Heinz' frühe Begegnungen
mit Oskar Heil im Silicon Valley
Das erste Treffen von Klaus Heinz und Oskar Heil fand in den 1980er Jahren statt. Es ist ein Moment, an den sich Klaus Heinz noch lebhaft erinnert:
Es war 1985, als ich den Air Motion Transformer und seinen Erfinder Oskar Heil kennenlernte. Ich war fasziniert von der Idee und den klanglichen Ergebnissen seiner ESS-Lautsprecher, die den Air Motion Transformer auf eine recht eigenwillige Art und Weise nutzten und durchaus fragwürdige Details enthielten. Dennoch ließ der präzise und brillante Klang all die Aufnahmen, die ich mochte und die ich zuvor in einer für mich bis dahin recht ordentlichen Qualität gehört hatte, wie einen schweren Vorhang fallen. Ich war neugierig genug, Heil in seinem Haus in San Mateo, südlich von San Francisco, einem Gebiet, das als Silicon Valley bekannt ist, zu besuchen. Ich hörte mir seine Lebensgeschichte an, wir sprachen über Elektronen (seine Lieblingstiere) und natürlich über Lautsprecher. Ich war sehr beeindruckt, als ich die Gelegenheit bekam, sein Labor in Belmont zu besuchen. Hier fand ich mich in dem unordentlichsten, chaotischsten Raum wieder, in dem ich je gewesen war, und doch wusste Heil genau, wo was zu finden war. Er zeigte mir eine ganze Reihe neuer Wandleransätze, die sich von den langweiligen Schwingspulen-/kolbenartigen Membrankombinationen unterschieden, die wir damals kannten, sei es in Form von Kegeln oder Kuppeln.“
Klaus Heinz erinnert sich, wie Heil ihm einige seiner höchst originellen und oft skurrilen Erfindungen vorstellte – und wie fasziniert er von den imaginären Reservoirs des Physikers war:
Was mich an den Lautsprechergesprächen mit ihm am meisten faszinierte, war sein originelles Denken. Ständig suchte er nach neuen Wegen, aus Wechselstrom Klang zu erzeugen. Er fragte nicht zuerst, welcher Schwingspulenparameter oder welche Resonanzfrequenz welche Rolle spielen würde, wie es ein typischer Ingenieur in Forschung und Entwicklung getan hätte, sondern konzentrierte sich auf die physikalischen Zusammenhänge zwischen Strom und Kraft in magnetischen oder elektrischen Feldern. Heil dachte auch ständig darüber nach, einen besseren flammenden Ionenhochtöner zu entwickeln als Alan Hills Plasma-Treiber, ein faszinierendes Gerät, das Luftmoleküle elektrisch anregte, um Frequenzen zwischen etwa 700 Hz und dem Ultraschallbereich wiederzugeben. Während Hills Erfindung wahrscheinlich hervorragend zum Anhören einzelner Lieder geeignet war, hätte eine Mahler-Symphonie mit all dem Ozon, das die Musik erzeugte, wahrscheinlich tödlichen Lungenkrebs oder ähnliche Krankheiten verursacht.
Bei einem ihrer ersten Treffen überraschte Oskar Heil Klaus Heinz mit der Aussage, dass er es gewesen sei, der die Kuppel in den 1930er Jahren erfunden habe.
Wie war das möglich? Soweit ich wusste, erfand Wolfgang Seikritt die Kalotten in den 1960er Jahren, und zwar in Deutschland. Doch hier war Oskar Heil, der mich durch den fast absurden Prozess seiner Erfindung führte: „Ich habe die Seidenstrümpfe meiner Mutter genommen, einen Stopfpilz darauf gelegt, den Strumpf über den Pilz gezogen, Eiweiß dünn aufgetragen, trocknen lassen, auf eine Schwingspule geklebt – und fertig war er: der erste Kalottenhochtöner aus Holz, Strümpfen und Eiern.“
Obwohl zahlreiche andere Erfindungen im Audiobereich auf Heils Ideen zurückgehen (wie etwa die „Wanderfeldröhre“, die auf sensationelle Weise eine Verstärkung von Frequenzen bis über 1 GHz ermöglichte), war Klaus Heinz‘ Lieblingsentdeckung in Heils Labor der Air Motion Transformer, der später zum Markenzeichen der vielen Lautsprecher werden sollte, die Heinz ab den 1990er Jahren entwickelte und dem er bis zum heutigen Tag treu bleibt.

Transformator mit variabler Geschwindigkeit:
Die Entwicklung des Air Motion Transformer
In der Entwicklungsphase des HEDDphone® wurde es notwendig, eine der wichtigsten Eigenschaften der ursprünglichen AMT-Treibergeometrie zu überdenken: die exakt gleiche Form der Falten im Treiber. Eine neue Membran mit unterschiedlich breiten und tiefen Falten musste entwickelt werden, um das gesamte Audiospektrum von 10 bis 40 kHz wiederzugeben. Wir nennen diesen Evolutionsschritt des Air Motion Transformer VVT – Variable Velocity Transform.